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„Auf die richtige Einstellung kommt es an.“ Julia Blume, BLB NRW, zum Modellprojekt Betriebsoptimierung

Der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW (BLB NRW) ist Eigentümer und Vermieter fast aller Immobilien des Landes Nordrhein-Westfalen. Mit rund 4.100 Gebäuden, einer Mietfläche von etwa 10,4 Millionen Quadratmetern und jährlichen Mieterlösen von rund 1,4 Milliarden Euro verwaltet er eines der größten Immobilienportfolios Europas. Hierzu gehört auch die Bewirtschaftung der technisch und architektonisch teilweise hoch komplexen Immobilien.

Nun hat der BLB NRW ein Modellprojekt zum Energieeinsparpotenzial durch Betriebsoptimierung der Gebäude gestartet, bei dem die mondas® IoT-Plattform die Verbrauchs- und Betriebsdaten erfasst und auswertet. Unsere Ansprechpartnerin beim BLB NRW ist Julia Blume, die in der Niederlassung Köln für Gebäudemanagement-Beratung und Energiemanagement zuständig ist.

Jürgen Leuchtner hat sie für Mondas zu den Hintergründen des Modellprojekts und zu den ersten Erfahrungen befragt.

Frau Blume, welche Bedeutung hat das Thema Betriebsoptimierung für den Gebäudebestand des BLB NRW?

Julia Blume: Die Betriebsoptimierung, der wir uns grundsätzlich natürlich schon lange widmen, ist ein bewährtes Instrument des BLB NRW für den wirtschaftlichen, energieeffizienten, funktions- und bedarfsgerechten Betrieb der landeseigenen Immobilien und deren im Vergleich zu Wohngebäuden meist hoch komplexer Gebäudetechnik. Sie setzt auf die optimale Einstellung und Steuerung von technischen Anlagen.

Dies beginnt bereits mit dem Inbetriebnahmemanagement von Neuanlagen, gilt aber insbesondere für Bestandsanlagen, bei denen beispielsweise durch bauliche und anlagentechnische Veränderungen, durch Nutzungsänderungen oder durch einen unvorteilhaften Betrieb durch Nutzer beziehungsweise Dienstleister ein Nachsteuerungsbedarf entstanden ist.

Welches ist Ihr Arbeitsansatz im Modellprojekt „Betriebsoptimierung“?

Unser neues Modellprojekt funktioniert folgendermaßen: Durch ein detailliertes technisches Monitoring der nach Nutzungstypen ausgewählten Liegenschaften sollen zunächst die wesentlichen Optimierungsmaßnahmen an Pilotobjekten identifiziert und diese dann durch Übertragung auf vergleichbare Gebäudetypen und Nutzungsarten in die Fläche getragen werden.

Unsere Arbeitshypothese ist, dass sich durch die Nach-Justage eine Menge Energie und damit Kosten und Treibhausgasemissionen einsparen lassen. Wie sonst im Leben auch kommt es hier im besten Wortsinn auf die richtige Einstellung an.

Sie meinen die Einstellung der Gebäudetechnik. Haben Sie ein Beispiel aus Ihrem Gebäudebestand?

Julia Blume: Ja, sogar ein sehr interessantes. In einem unserer Objekte fiel uns auf, dass die Energieverbräuche kontinuierlich stiegen. In dem mehrfach erweiterten Gebäude war neue Gebäudetechnik mit zahlreichen Steuerungsmöglichkeiten installiert worden. Die Einstellungen hatten Dienstleister oft verändert, ohne entsprechende Beachtung oder weitere Berücksichtigung der Auswirkungen auf den Energieverbrauch.

Mit welchen Maßnahmen haben Sie darauf reagiert?

Wir installierten nun zusätzliche Messeinrichtungen und stellten in einer Analyse der Nutzungsänderungen sowie der neuen Daten fest, dass es viele Optimierungspotenziale gab – unter anderem durch eine bedarfsorientierte Regelung der Lüftungsanlage mit Blick auf die Laufzeiten und Zuluft-Temperatur sowie durch Temperaturabsenkung an Wochenenden und Feiertagen. Insgesamt identifizierten wir durch die erweiterte Datenerhebung und -analyse 27 Optimierungsmaßnahmen, mit denen sich jetzt der spezifische Energieverbrauch senken lässt.

Sie überlegten, wie diese Erkenntnisse auf den gesamten Immobilienbestand angewandt werden könnte?

Julia Blume: Richtig. Angesichts des großen Gebäudebestands des BLB NRW ist es unser Ziel, solche Effizienzpotenziale flächendeckend zu heben. In der Regel sind solche Maßnahmen überwiegend nichtinvestiver Art und hoch wirtschaftlich. Wenn man am richtigen Rädchen dreht, lassen sich schnelle Einsparerfolge erzielen, etwa bei Strom- und Heizkosten.

Vom Einzelbeispiel auf den doch sehr großen Gebäudebestand hochrechnen – das geht über die unterschiedlichen Nutzungstypologien?

Julia Blume: Ja. Die Gebäudetechnik ist nutzungsabhängig und beispielsweise in einem Finanzamt anders geartet als in einem Polizei- oder in einem Gerichtsgebäude. In unserem Modellprojekt werden daher Gebäude betrachtet, welche die Nutzungstypologie des Gesamtbestandes entsprechend abbilden.

Wenn man beispielsweise Gerichtsgebäude näher betrachtet, dann hat man aufgrund der Nutzung von Sälen und Büroräumen in der Regel Strukturen in der Haustechnik, die sich mit den Bedingungen in anderen Gerichtsgebäuden vergleichen lassen. Man kann also ein oder zwei Gebäude eines Nutzungstyps genauer untersuchen und dann die charakteristischen Einsparpotenziale für diesen Gebäude- beziehungsweise Nutzungstyp daraus ableiten.

Um nur einige Beispiele zu nennen: Wie hoch ist der Anteil des Stromverbrauchs bei den Lüftungsanlagen? Worauf sollte der Fokus liegen? Welche Maßnahmen führen zu den höchsten energetischen Einsparpotenzialen? Diese Erkenntnisse sind aus den detaillierten Untersuchungen abzuleiten und liefern damit wichtige Hinweise, wo bei weiteren Gebäuden dieser Nutzungsart die wesentlichen Potenziale zu heben sind.

Eine wichtige Rolle dabei spielt ja die umfassende Datenerfassung. Wie gehen Sie da vor?

Julia Blume: Derzeit statten wir Gebäude, soweit nicht ohnehin schon vorhanden, mit Zählern, Messeinrichtungen und Datenloggern aus, sodass differenzierte Betriebs- und Verbrauchsdaten ausgewertet und analysiert werden können. Erfasst werden Daten zum aktuellen Betriebszustand, Abweichungen vom Normalzustand sowie Über- und Unterschreitungen von Grenzwerten in Echtzeit.
Soeben haben wir ein weiteres Gebäude aufgeschaltet. Das System sammelt kontinuierlich Verbrauchs- und Betriebsdaten aus dem Bereich Heizung, Lüftung, Kälte und Strom. Weitere Wirtschaftseinheiten schließen wir nach und nach an. Parallel beginnen wir jetzt schon mit den Zähleraufschaltungen bei weiteren Gebäuden.

Welche Erfahrungen haben Sie mit der Datenanalyse bisher gemacht?

Julia Blume: Sehr vorteilhaft ist, dass wir bereits während der Datenerfassung mit den erweiterten Analysen beginnen können. Wir erkennen auch Funktionsstörungen beispielsweise von Umwälzpumpen, die zuvor unentdeckt blieben. Wir können das energetische Verhalten des Objekts in Echtzeit anschauen und sehen, ob beispielsweise die eingestellte Nachtabsenkung passt oder die Ferienzeiten richtig abgebildet werden.

Zudem ist ein wesentlicher Vorteil, dass die Algorithmen zukünftig automatisch die Daten überprüfen und uns anzeigen, ob die Anlage plötzlich anders läuft als vorgesehen. So können auch nachträgliche Änderungen bei den Einstellungen laufend weiter überwacht werden. Zudem können wir auf dem Bildschirm alle Liegenschaften mit einem Blick sehen und erkennen, ob respektive wo es Abweichungen oder Probleme mit diesen Werten gibt.

Was meinen Sie, wieviel Einsparpotenzial durch ein solches technisches Monitoring möglich wird?

Julia Blume: Genau wissen wir das natürlich erst nach Projektabschluss. Unserer Erfahrung nach sind im Schnitt durchaus 10 bis 15 Prozent Energieeinsparung möglich. Wohlgemerkt, nur durch optimierte Betriebseinstellungen und ohne die Aufenthaltsqualität zu beeinträchtigen – eine Botschaft, die mir besonders am Herzen liegt.

Dass Energiesparen nicht „Gürtel enger schnallen“ oder frieren bedeutet?

Julia Blume: Genau. Das Wohlbefinden unserer Nutzerinnen und Nutzer steht bei allem ganz vorne. Nur bei einer hohen Nutzerakzeptanz erzielen wir nachhaltige Einsparerfolge.

Tatsächlich beobachten wir schon heute, dass mit der Betriebsoptimierung die Behaglichkeit in den Gebäuden nicht sinkt, sondern im Gegenteil sogar steigt. Wohlfühltemperaturen und gute Raumluft lassen sich auch mit geringerem Energieverbrauch und damit reduzierten CO2‑Emissionen sicherstellen. Davon profitieren Umwelt und Nutzer. Betriebsoptimierungen in den landeseigenen Gebäuden leisten damit einen wichtigen Beitrag zum Ziel der klimaneutralen Landesverwaltung in NRW – und steigern gleichzeitig das Wohlfühlniveau für unsere Nutzer.

Frau Blume, Vielen Dank für das Gespräch.

Julia Blume: Gerne, ich danke Ihnen.